Mit immer weiter voranschreitender Zeit in Chile verändert sich auch allmählich die Sichtweise. Die Hälfte habe ich mittlerweile lang hinter mir und die Anzahl der mir verbleibenden Monate erscheinen geradezu lächerlich im Vergleich zu denen die ich schon in meinen Erinnerungen abgespeichert habe. Deswegen die diesmalige Zeitangabe umgekehrt: Noch knappe 3 1/2 Monate.
Wenn ich diesen Fakt nicht schon selbst mehr als schockiert festgestellt hätte, so hat mich und die anderen weltwaerts-Freiwis spätestens das zweite Zwischenseminar überdeutlich daran erinnert. Mit einem Appell der es für mich persönlich in Sich hatte: Macht was aus der letzten Zeit! Sie kommt nie wieder. Eine der Aufgaben war es eine Liste zu schreiben mit Dingen die man unbedingt noch hier erreichen/machen möchte, bevor man sich im Nachhinein ärgert wie sehr man doch seine Zeit verschwendet habe. Das mag zunächst einmal lächerlich klingen hier von "Verschwendung" zu reden, aber mein Unterbewusstsein schreit das ganz gerne mal zu mir hoch, wenn es mich wieder an meine hochgesteckten Erwartungen von mir und diesem Jahr erinnert. - Und natürlich: Alles Schwachsinn!
Da oben steht ein Fragezeichen im Titel, einfach nur weil ich mich irgendwie noch nicht in Endspurt-Stimmung fühle. Und ich mir auch nicht vorstellen kann wie der aussehen soll. Ich stecke irgendwo zwischen
Was?? NOCH 3 Monate?! Das ist doch noch ewig hin! Du hast doch noch Zeit für alles! Du vermisst Deutschland, die gewohnte Umgebung, die Menschen. Die Vorfreude wächst schon spürbar, auch auf das Studium danach. Aber freu dich mal nicht zu früh! Immerhin liegt noch ein viertel Jahr vor dir. Jetzt sei doch mal ehrlich: Manchmal könntest du ganz Chile auch auf den Mond schießen und würdest lieber sofort deine Sachen packen und abhauen, oder?
Und
Oh mein Gott. SCHON in 3 Monaten??!? Das kann doch nicht wahr sein? Wo ist die ganze Zeit nur hingekommen? Jetzt konzentriere dich doch mal bitte auf das Leben hier in Chile statt mit den Gedanken irgendwo zwischen Unibewerbungen und Wiedersehensfreude zu schwimmen. Denk nur daran, wie schnell die ersten 3 Monate umgegangen sind. Die letzte Zeit wird umgehen wie im Flug und du solltest noch mitnehmen an Erfahrungen und Erlebnissen was du kannst. Du wirst die Zeit, die Leute und ganz Chile schrecklich vermissen, also konzentriere dich jetzt genau darauf.
An beiden Gedanken hatte ich in der letzten Zeit viel zu knabbern. Ich habe in der zusätzlich festgestellt, dass ich mich in der wieder weiter entfernt hatte von meinen zwischenzeitlichen Hochgefühlen im Sommer, vor allem in Beziehung zur kulturellen Begegnung. So richtig bewusst ist mir das allerdings erst auf dem vergangenen Zwischenseminar geworden. Ein Modell beschreibt die emotionale Lage im Bezug auf die Begegnung mit einer fremden Kultur in etwa wie folgt: Man kommt an mit Hochgefühlen vom gestillten Fernweh. Doch recht rasch verfliegt diese Euphorie wenn man feststellt dass sich der Alltag doch garnicht so einfach darstellt. Man durchschaut die fremde Kultur einfach noch nicht und kann sie nicht einordnen. Dieses erste Tief wird als Kulturschock bezeichnet. Das alles hatte ich euch schon einmal in einem vergangenem Blogpost beschrieben (Urlaub von den fremden Spielregeln - November). Aufwärts geht es wieder sobald man lang genug beobachtet und seine Erfahrungen gemacht hat. Man erkennt wie einige Dinge eben laufen - das können die aller banalsten Dinge sein von denen man vorher nicht einmal erwartet hätte, dass sie einem Probleme bereiten würden. Ein typisches Beispiel war für mich der Backenkuss als Begrüßung - da hätte ich im Vorhinein in jedem Fall drüber gelacht wenn mir jemand gesagt hätte das würde irgendwann einmal ein Thema für mich werden. Das Problem war nicht etwa DASS man das macht, sondern vielmehr WANN und WIE man das macht. Ich war anfangs einfach verwirrt und habe viel zu viel drüber nachgedacht (Soll ich jetzt? Nein? Doch? Was ist wenn mich dann jeder ankuckt wie den Deppen, wenns doch nich angebracht war? Was ist wenn ich wieder vor Ungeschick wem meinen Backenknochen an seinen ramme?). Mit der Zeit gewöhnt man sich eben und durchblickt in welchen Situationen es angebracht ist. Das gibt Selbstbewusstsein, gerade in Fällen von weniger banalen Beispielen. Man weiß eben jetzt wie der Hase läuft.
Laut dem Modell hält diese Hochstimmung doch nicht ganz so lange an wie man es sich wünschen würde. Man weiß zwar was, wie was gemacht wird und hat sich daran gewöhnt mitzuspielen und reinzupassen, aber ab einem bestimmten Punkt kann gerade das nervig und belastend sein. Denn ok, jetzt weiß ich zwar man begrüßt auf diese und jene Weise. Das hab ich jetzt zu akzeptieren, du bist schließlich zu Gast. Aber es nervt! Und warum machen die das denn immer? Muss das denn sein? Ist das nicht viel zu Überzogen und nicht sogar heuchlerisch wenn du jemanden so begrüßt den du vielleicht garnicht magst? Ich kenne die jeweils andere Verhaltensweise, doch ich verstehe sie nicht und rutsche gar zu leicht in Versuchung sie minderwertiger zu behandeln als meine eigene. Ich habe dieses erneute Tief bei mir beobachten können und kann auch garnicht sagen an welchem Punkt der Entwicklung ich mich jetzt inzwischen befinde. Das Modell sieht einen erneuten Stimmungsbruch vor, das sogenannte "kulturelle Lernen". Erst wenn man den Schritt hinter sich hat zu fragen warum die Kultur anders ist als die eigene kann man auf den Grund kommen und dann eben auch im besten Fall davon lernen. Ich glaube mittlerweile, dass ich die Begrüßung wie ich sie hier gewohnt bin vermissen werde. Man zieht eben einfach einen direkten Kontakt zu allen Menschen denen man begegnet. Man hat gar keine Möglichkeit jemanden zu ignorieren oder weder so zu tun als hätte man jemanden nicht gesehen, noch sich selbst verstecken. Man macht die Augen einfach richtig auf. Mittlerweile gefällt mir die liebenswürdige Art mit der man sich eben IMMER zuerst einmal begegnet. Ich frage mich immer öfter wie ich mich wohl in der gleichen Situationen in Deutschland verhalten hätte und hab schon garkeine Ahnung mehr. Das Händeschütteln und freundlich Zunicken kommt mir total ungelenk vor.
Soo fürs erste wars das mal wieder was ich zu sagen habe. Ein nächster fröhlicher Laberpost ist auch mal wieder in Planung!
Bis dahin dicken Backenkuss!
Marlene
Wenn ich diesen Fakt nicht schon selbst mehr als schockiert festgestellt hätte, so hat mich und die anderen weltwaerts-Freiwis spätestens das zweite Zwischenseminar überdeutlich daran erinnert. Mit einem Appell der es für mich persönlich in Sich hatte: Macht was aus der letzten Zeit! Sie kommt nie wieder. Eine der Aufgaben war es eine Liste zu schreiben mit Dingen die man unbedingt noch hier erreichen/machen möchte, bevor man sich im Nachhinein ärgert wie sehr man doch seine Zeit verschwendet habe. Das mag zunächst einmal lächerlich klingen hier von "Verschwendung" zu reden, aber mein Unterbewusstsein schreit das ganz gerne mal zu mir hoch, wenn es mich wieder an meine hochgesteckten Erwartungen von mir und diesem Jahr erinnert. - Und natürlich: Alles Schwachsinn!
Da oben steht ein Fragezeichen im Titel, einfach nur weil ich mich irgendwie noch nicht in Endspurt-Stimmung fühle. Und ich mir auch nicht vorstellen kann wie der aussehen soll. Ich stecke irgendwo zwischen
Was?? NOCH 3 Monate?! Das ist doch noch ewig hin! Du hast doch noch Zeit für alles! Du vermisst Deutschland, die gewohnte Umgebung, die Menschen. Die Vorfreude wächst schon spürbar, auch auf das Studium danach. Aber freu dich mal nicht zu früh! Immerhin liegt noch ein viertel Jahr vor dir. Jetzt sei doch mal ehrlich: Manchmal könntest du ganz Chile auch auf den Mond schießen und würdest lieber sofort deine Sachen packen und abhauen, oder?
Und
Oh mein Gott. SCHON in 3 Monaten??!? Das kann doch nicht wahr sein? Wo ist die ganze Zeit nur hingekommen? Jetzt konzentriere dich doch mal bitte auf das Leben hier in Chile statt mit den Gedanken irgendwo zwischen Unibewerbungen und Wiedersehensfreude zu schwimmen. Denk nur daran, wie schnell die ersten 3 Monate umgegangen sind. Die letzte Zeit wird umgehen wie im Flug und du solltest noch mitnehmen an Erfahrungen und Erlebnissen was du kannst. Du wirst die Zeit, die Leute und ganz Chile schrecklich vermissen, also konzentriere dich jetzt genau darauf.
An beiden Gedanken hatte ich in der letzten Zeit viel zu knabbern. Ich habe in der zusätzlich festgestellt, dass ich mich in der wieder weiter entfernt hatte von meinen zwischenzeitlichen Hochgefühlen im Sommer, vor allem in Beziehung zur kulturellen Begegnung. So richtig bewusst ist mir das allerdings erst auf dem vergangenen Zwischenseminar geworden. Ein Modell beschreibt die emotionale Lage im Bezug auf die Begegnung mit einer fremden Kultur in etwa wie folgt: Man kommt an mit Hochgefühlen vom gestillten Fernweh. Doch recht rasch verfliegt diese Euphorie wenn man feststellt dass sich der Alltag doch garnicht so einfach darstellt. Man durchschaut die fremde Kultur einfach noch nicht und kann sie nicht einordnen. Dieses erste Tief wird als Kulturschock bezeichnet. Das alles hatte ich euch schon einmal in einem vergangenem Blogpost beschrieben (Urlaub von den fremden Spielregeln - November). Aufwärts geht es wieder sobald man lang genug beobachtet und seine Erfahrungen gemacht hat. Man erkennt wie einige Dinge eben laufen - das können die aller banalsten Dinge sein von denen man vorher nicht einmal erwartet hätte, dass sie einem Probleme bereiten würden. Ein typisches Beispiel war für mich der Backenkuss als Begrüßung - da hätte ich im Vorhinein in jedem Fall drüber gelacht wenn mir jemand gesagt hätte das würde irgendwann einmal ein Thema für mich werden. Das Problem war nicht etwa DASS man das macht, sondern vielmehr WANN und WIE man das macht. Ich war anfangs einfach verwirrt und habe viel zu viel drüber nachgedacht (Soll ich jetzt? Nein? Doch? Was ist wenn mich dann jeder ankuckt wie den Deppen, wenns doch nich angebracht war? Was ist wenn ich wieder vor Ungeschick wem meinen Backenknochen an seinen ramme?). Mit der Zeit gewöhnt man sich eben und durchblickt in welchen Situationen es angebracht ist. Das gibt Selbstbewusstsein, gerade in Fällen von weniger banalen Beispielen. Man weiß eben jetzt wie der Hase läuft.
Laut dem Modell hält diese Hochstimmung doch nicht ganz so lange an wie man es sich wünschen würde. Man weiß zwar was, wie was gemacht wird und hat sich daran gewöhnt mitzuspielen und reinzupassen, aber ab einem bestimmten Punkt kann gerade das nervig und belastend sein. Denn ok, jetzt weiß ich zwar man begrüßt auf diese und jene Weise. Das hab ich jetzt zu akzeptieren, du bist schließlich zu Gast. Aber es nervt! Und warum machen die das denn immer? Muss das denn sein? Ist das nicht viel zu Überzogen und nicht sogar heuchlerisch wenn du jemanden so begrüßt den du vielleicht garnicht magst? Ich kenne die jeweils andere Verhaltensweise, doch ich verstehe sie nicht und rutsche gar zu leicht in Versuchung sie minderwertiger zu behandeln als meine eigene. Ich habe dieses erneute Tief bei mir beobachten können und kann auch garnicht sagen an welchem Punkt der Entwicklung ich mich jetzt inzwischen befinde. Das Modell sieht einen erneuten Stimmungsbruch vor, das sogenannte "kulturelle Lernen". Erst wenn man den Schritt hinter sich hat zu fragen warum die Kultur anders ist als die eigene kann man auf den Grund kommen und dann eben auch im besten Fall davon lernen. Ich glaube mittlerweile, dass ich die Begrüßung wie ich sie hier gewohnt bin vermissen werde. Man zieht eben einfach einen direkten Kontakt zu allen Menschen denen man begegnet. Man hat gar keine Möglichkeit jemanden zu ignorieren oder weder so zu tun als hätte man jemanden nicht gesehen, noch sich selbst verstecken. Man macht die Augen einfach richtig auf. Mittlerweile gefällt mir die liebenswürdige Art mit der man sich eben IMMER zuerst einmal begegnet. Ich frage mich immer öfter wie ich mich wohl in der gleichen Situationen in Deutschland verhalten hätte und hab schon garkeine Ahnung mehr. Das Händeschütteln und freundlich Zunicken kommt mir total ungelenk vor.
Soo fürs erste wars das mal wieder was ich zu sagen habe. Ein nächster fröhlicher Laberpost ist auch mal wieder in Planung!
Bis dahin dicken Backenkuss!
Marlene